September 16th, 2024
Am LRZ steht ein Ionenfallen-Quantencomputer für neuartige Forschungsaufgaben bereit
Der Ionenfallen-Quantencomputer von Alpine Quantum Technologies, den das Leibniz-Rechenzentrum und das Munich Quantum Valley beschafft haben, ist jetzt betriebsbereit und damit der erste seiner Art, der in einem Rechenzentrum zur Verfügung steht.
Der nächste Quantencomputer steht am Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) der Bayerischen Akademie der Wissenschaften bereit für seinen Einsatz in Forschung und Entwicklung. Das System basiert auf der Technologie gefangener Ionen und rechnet mit 20 Qubits. Es wurde im Rahmen der Hightech Agenda Bayern von den Bayerischen Staatsministerien für Wissenschaft und Kunst (StMWK) sowie für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (StMWi) mit rund 9,8 Millionen Euro finanziert.
Innovative Computertechnik in der Betriebsumgebung eines Rechenzentrums für den Arbeitseinsatz zu installieren und vorzubereiten, dauert in der Regel etwa ein Jahr. Früher als geplant gelang es der LRZ-Abteilung Quantencomputing und -Technologie (QCT) in Zusammenarbeit mit Expert:innen von AQT diese Aufgabe abzuschließen. Nach einigen Anpassungen an die Umgebungsbedingungen des Computerraums – wie etwa Staubfilter und Sicherung vor Vibrationen – ist das System nun voll einsatzfähig und führt bereits Berechnungen durch. Ab Oktober werden Forschende des MQV und seiner Partnerorganisationen im Rahmen eines Early-User-Programms auf den Quantencomputer zugreifen und diesen nutzen können.
HPC-Beschleunigung mit diversen Quantensystemen
AQT liefert mit seinem Ionenfallen-Computer eine weitere, vielversprechende Quantentechnologie, die das LRZ der Wissenschaft für die Verarbeitung von Forschungsdaten bereitstellt. Das System besteht aus einer Ionenfalle, einer Laser- und Kameraeinheit sowie Steuerelektronik und arbeitet mit 20 Qubits aus elektrisch aufgeladenen Atomen (Ionen), deren Quantenzustände durch Laserstrahlen kontrolliert werden. Dabei kann ein Laser nach Bedarf beliebige Paare im Quantenregister ansprechen. Dank dieser vollen Konnektivität sowie niedrigeren Fehlerraten beim Rechnen können ähnliche oder sogar bessere Ergebnisse erzielt werden als bei Quantensystemen mit höherer Qubit-Zahl, aber weniger Konnektivität. Außerdem braucht das AQT-System keine umfangreiche Infrastruktur zum Kühlen oder zur Versorgung mit Energie.
Das LRZ plant, den Ionenfallen-Quantencomputer als Beschleuniger in seine Höchstleistungsrechner zu integrieren. Dafür experimentiert das QCT-Team bereits mit klassischen Prozessoren und Komponenten aus dem eigenen Testbed im Quantum Integration Centre (QIC), um die dazu notwendigen Schnittstellen zu entwickeln. Das LRZ hat bereits erfolgreich einen Quantencomputer – auf Basis von supraleitenden Schaltkreisen – in den LRZ-Supercomputer SuperMUC-NG integriert, um hybride Quanten-HPC-Anwendungen zu ermöglichen.
Um diese hybriden Systeme effizient zu betreiben, arbeiten Forschende aus dem MQV an Systemsoftware und Werkzeugen für unterschiedliche Quantencomputer, außerdem an der Koordination von Berechnungen zwischen den Quantenbeschleunigern und klassischen Supercomputern. Das bedarf der Entwicklung hybrider Algorithmen, die auf End-to-End-Berechnungen zugeschnitten sind, sowie die Identifizierung kritischer Schnittstellen zwischen den Systemen, um eine übergreifende Standardisierung zu erreichen.
Ein Software Stack für unterschiedliche Systeme
Ziel und Vision bei all diesen Vorbereitungen: die holistische Analyse und der Betrieb unterschiedlicher Quantentechnologien, außerdem die Beschleunigung von Supercomputern mit verschiedenen Quantenprozessoren. Anwender:innen, so der Plan, sollen am LRZ und im MQV idealerweise einmal Zugriff auf eine Auswahl von diversen Quantentechnologien haben und wählen können, welche am besten zur eigenen Forschungsanwendung passt und diese energieeffizient ausführt. Das ist jedoch nur mit der passenden Software möglich, die die Integration verschiedener Quantentechnologien in Hochleistungsrechner unterstützt. In enger Zusammenarbeit mit der technischen Universität München wird in LRZ und MQV daher der Munich Quantum Software Stack (MQSS) entwickelt. Dieser enthält nicht nur Kontroll- und Steuerungswerkzeuge für innovative
Quanten- und hybride Computersysteme enthalten, sondern auch optimierte Programmiermodelle, mit denen Wissenschaftler:innen eigene Applikationen schreiben können, ohne dass sie umfangreiches Wissen über die Architekturen von Quantensystemen brauchen. Mit Hilfe des AQT-Computers kann sichergestellt werden, dass der MQSS auch das Arbeiten mit gefangenen Ionen unterstützt.
Zitate der beteiligten Partner
„Die Integration der fortschrittlichen AQT-Quantentechnologie in die Supercomputing- und Hybrid-Software-Umgebung des LRZ stellt einen einzigartigen, ganzheitlichen Ansatz dar, um die Quantenforschung voranzutreiben. Diese Zusammenarbeit stärkt die Ressourcen von MQV, erhöht die Innovationsfähigkeit, ermöglicht wegweisende Entdeckungen und stärkt die Position von MQV als führende Initiative im Bereich Quantencomputing.“
Prof. Dr. Joachim Ullrich, Director General MQV
„Ich freue mich, dass AQT der erste Hardware-Anbieter ist, der einen Quantencomputer mit gefangenen Ionen in einem Rechenzentrum installiert und in Betrieb genommen hat. Dank der modularen 19-Zoll-Architektur hat das System nahtlos seinen Platz im QIC des LRZ gefunden. Nach der Auslieferung im Dezember 2023 und dem Aufbau innerhalb weniger Monate lassen die LRZ-Forscher nun ihre ersten Schaltungen auf Europas
leistungsstärkstem Quantencomputer laufen. Dies zeigt, dass AQT eine Vorreiterrolle bei der On-Premise-HPCQC-Integration einnimmt und ein starker Akteur im Bereich des Cloud-Computing ist. Ich möchte mich bei allen Beteiligten herzlich für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken.“
Dr. Thomas Monz, Gründer unf CEO AQT
„Spannend, das System von AQT im QIC erkunden zu können. Wir freuen uns auf eine enge Zusammenarbeit mit AQT und MQV bei der Weiterentwicklung des Munich Quantum Software Stacks. So können wir unseren Nutzer:innen zur fortschrittlichen Quantentechnologie eine robuste, durchgängige hybride Quanten-HPCBerechnungsressource für wissenschaftlichen Aktivitäten zur Verfügung stellen.“
Laura Schulz, Leiterin Quantencomputing und -Technologie, LRZ
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